Am 13. September war es endlich so weit: Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 10-jährigen Bestehen der IGS Einbeck hob ein Stratosphärenballon ab und sorgte für Begeisterung bei Schülern, Lehrern und Gästen. Das ambitionierte Projekt, an dem elf Schülerinnen und Schüler eine Woche lang mit großem Engagement arbeiteten, brachte die IGS wortwörtlich an den Rand des Weltalls.
Schon im August begannen die umfangreichen Vorbereitungen für dieses außergewöhnliche Vorhaben. Neben der Planung mussten Genehmigungen eingeholt und Versicherungen abgeschlossen werden, um den Start möglich zu machen. Die Materialliste reichte von einfachen Schaschlik-Spießen bis hin zu einem hochspezialisierten Heliumballon, der die Sonde in die Stratosphäre tragen sollte.
Während einer viertägigen Projektwoche stellte die Schülergruppe eine maßgeschneiderte Sonde her, die mit wissenschaftlichen Instrumenten und Kameras ausgestattet wurde. Diese Geräte sollten atemberaubende Aufnahmen der Erdkrümmung und wertvolle Daten aus einer Höhe von über 35 Kilometern liefern. Um das anspruchsvolle Projekt erfolgreich zu meistern, wurde die Gruppe in Teams aufgeteilt, die jeden Tag Fortschritte erzielten, Probleme lösten und gemeinsam an der Perfektion ihrer Sonde arbeiteten.
Am Starttag wurde der Countdown um 12:20 Uhr lautstark von den Schülerinnen und Schülern der IGS eingeleitet. Die Spannung war greifbar, als der mit Helium gefüllte Ballon sich langsam in die Luft erhob und unter dem Applaus der Zuschauer immer weiter in den Himmel stieg. Nach nur 10 Minuten war der Ballon so hoch aufgestiegen, dass die Verbindung zum GPS-Tracker abbrach. Doch die Mission war ein voller Erfolg: Der Ballon erreichte eine Höhe von beeindruckenden 41.272 Metern und lieferte spektakuläre Aufnahmen.
Der Flug dauerte etwas länger als geplant, doch um 15:47 Uhr konnte der GPS-Tracker wieder ein Signal senden. Nur kurze Zeit später landete die Sonde sanft auf einem Feld in der Nähe von Wolfenbüttel. Die Bergung am folgenden Tag verlief reibungslos und ohne Komplikationen.
Für die Schülerinnen und Schüler war das Projekt nicht nur ein technischer Erfolg, sondern auch eine intensive Lernerfahrung. Sie wuchsen über sich hinaus, übernahmen Verantwortung und arbeiteten mit einer Hingabe, die ihre Lehrer und Schulbegleiter gleichermaßen beeindruckte. „Die Motivation und Anstrengungsbereitschaft waren außergewöhnlich“, berichtet die verantwortliche Lehrkraft begeistert.
Das Stratosphärenballon-Projekt war ein Highlight der Jubiläumsfeier und wird sicher noch lange in Erinnerung bleiben. Die wissenschaftlichen Daten und Bilder, die während des Fluges gesammelt wurden, sollen nun in den Unterricht einfließen und die Fächer Physik, Geografie und Informatik bereichern. Ein echtes Erfolgsprojekt, das zeigt, was mit Teamwork, Kreativität und viel Engagement möglich ist!
Ein großes Dankeschön geht an die AKB Stiftung der Familie Carl-Ernst Büchting und den Förderverein der IGS Einbeck, ohne deren Unterstützung das Projekt nicht hätte durchgeführt werden können.
Auswertung der Messdaten
Mit an Bord der Stratosphärensonde war ein Datenlogger, der alle zwei Sekunden den Standort, die Höhe sowie verschiedene atmosphärische Daten gemessen und gespeichert hat. Zurück auf der Erde hat er der Schule eine beachtliche Tabelle atmosphärischer Daten geliefert. Hier folgt nun eine kurze Auswertung der Daten, es wird fachlich!
Die Sonde wurde am 13. September um 12:20 Uhr aus einer Höhe von ca. 136 m über der mittleren Meereshöhe (MSL) aufgelassen. Der Aufstieg erfolgte die ersten 135 Minuten beinahe linear mit einer Aufstiegsgeschwindigkeit von ca. 5ms . Dann verlangsamte sich der Aufstieg, bis der Ballon nach 160 Minuten Flugzeit in einer Höhe von 41.272 Metern platzte. Der Fallschirm bremste den Fall zu Beginn eher wenig, je näher er aber dem Boden kam, desto besser konnte er seine Wirkung entfalten. In der Spitze betrug die Fallgeschwindigkeit ca. 60ms , auf den letzten Metern konnte der Schirm die Sonde auf wiederum gut 5ms abbremsen (siehe Bild 1).
Die Temperatur kann in den höheren Schichten der Troposphäre bekanntlich in beachtliche Tiefen fallen. Die IGS-Sonde ist bei einer Außentemperatur von ca. 16 °C gestartet. Während der ersten 11 Höhenkilometer ist die Temperatur allerdings nur auf sommerlich warme -42,5 °C gefallen. Üblich sind Temperaturen bis -65 °C. In dieser Höhe beginnt dann die Stratosphäre und die Temperaturen steigen wieder. Der Grund für die steigende Temperatur ist der Anteil an energiereichem ultravioletten Licht (UV-C Strahlung), das in der Stratosphäre auf Sauerstoffmoleküle trifft und sie in einer chemischen Reaktion in Ozonmoleküle verwandelt. Die Ozonmoleküle fangen ihrerseits das etwas energieschwächere ultraviolette Licht (UV-B Strahlung) ab. In beiden chemischen Reaktionen wird die Strahlungsenergie der Sonne in Wärmeenergie umgewandelt und an die Luft abgegeben. Somit erreichte die Temperatur am höchsten Punkt der Reise wieder Werte über dem Gefrierpunkt. Im Diagramm sind zwei Linien zu erkennen, die eine markiert den Aufstieg, die andere den Abstieg. Da die Sonde während dieser Zeit eine Strecke von ca. 60 Kilometern (Luftlinie) zurückgelegt hat, unterscheiden sich die Messwerte voneinander (siehe Bil 2).
Die Wände der Sonde bestehen zum großen Teil aus Styropor, nicht nur weil das Material zugleich leicht und stabil ist, sondern auch, weil es den Wärmeverlust nach außen hervorragend isoliert. So gut, dass im Bereich der Kameras die Außenwand durch eine dünne Wellpappe ersetzt werden muss, damit diese im Betrieb nicht überhitzen. Die elektronischen Geräte im Inneren der Sonde liefern im dauernden Betrieb nämlich Wärmeenergie im gleichen Maße, wie ihre Akkus sich entleeren. Somit blieb es im Inneren der Sonde bei -16,8 °C vergleichsweise behaglich warm. Und das ist auch gut so, denn Akkuspeicher verlieren bei extremer Kälte einen Anteil ihrer elektrischen Spannung. Sinkt diese unter einen kritischen Wert, fließt nicht mehr genug Strom, um das angeschlossene Gerät zu versorgen. Über den gesamten Flug hinweg, lässt sich dem Temperatur-Spannungs-Diagramm entnehmen: Je höher die Temperatur, desto mehr Spannung liefert die angeschlossene 9V-Batterie (siehe Bild 3).
Mit zunehmender Höhe ändert sich jedoch nicht nur die Temperatur, sondern auch der Luftdruck. Das ist der Grund, warum der Ballon beim Start noch nicht prall gefüllt war, sondern am unteren Ende reichlich Falten aufwies, und das obwohl er aus extrem dehnbarem Latex-Material besteht. Auf dem Startplatz wurde ein Druck von 1006 hPa gemessen, einem typischen Wert. In einem Hochdruckgebiet, was landläufig mit gutem Wetter assoziiert wird, steigt der Luftdruck. Aber selten auf Werte über 1050 hPa. In einem Orkantief fällt der Luftdruck (am Boden) auf bis zu 950 hPa. Diesen Grenzwert hat unsere Sonde allerdings schon nach 13 Minuten Flugzeit unterschritten. Der Druck des Heliums im Ballon entspricht zunächst dem Luftdruck. Während des Aufstiegs durch die Atmosphäre verringert sich der Luftdruck exponentiell. Das heißt er fällt zuerst stark, dann immer schwächer und nähert sich auf diese Weise immer weiter der Grenze zum Vakuum. Auf der Spitzenhöhe von ca. 41 Kilometern hat die Sonde einen Luftdruck von nur noch 1,9 hPa gemessen, also etwas weniger als 2 Tausendstel des normalen Luftdrucks. Da der Ballon aus dehnbarem Material besteht, vergrößert sich das Volumen des Heliums im Inneren. Dabei verhält sich das Volumen des Gases antiproportional zum Luftdruck. Das bedeutet: Bei halbem Luftdruck verdoppelt sich das Volumen, bei einem Zehntel des Luftdrucks verzehnfacht sich das Volumen, und so weiter. Der Ballon schwillt also an, je höher er steigt; was auch der Grund ist, dass er letztendlich in einer gewissen Höhe platzen muss, nämlich genau dann, wenn die Außenhaut der Volumenvergrößerung im Inneren nicht mehr standhalten kann (siehe Bild 4).
Das Wetter am Starttag bestand aus einer Mischung von Sonne und Wolken. Die Wolken kommen grundsätzlich in drei verschiedenen Höhenlagen der Troposphäre vor. In unseren Breiten befinden sich die die tiefen Wolken in unter zwei Kilometern Höhe, die mittelhohen Wolken in zwei bis sieben Kilometern Höhe und die hohen Wolken in fünf bis 13 Kilometer Höhe. Darüber ist klarer Himmel garantiert. Wolken sind Bereiche der Atmosphäre, in denen die Luftfeuchtigkeit so hoch wird, dass das Wasser kondensiert, also wieder flüssig wird und uns in Tröpfchenform die Sicht in den blauen Himmel blockiert. Auf ihrem Rückweg ist die Sonde durch alle drei Wolkenschichten gefallen, wie man an den Messwerten der Luftfeuchtigkeit erkennt. Die drei Spitzen der Luftfeuchtigkeit markieren jeweils eine Wolke, bzw. Wolkenschicht. Was man ebenfalls hervorragend erkennt: Über der der höchsten Wolkenschicht (hier: über 10 Kilometern) spielt sich kein Wetter mehr ab, die Luftfeuchtigkeit sinkt schlagartig auf fast Null (siehe Bild 5).
Zu guter Letzt lässt sich aus den GPS-Ortsdaten auch die horizontale Geschwindigkeit (Geschwindigkeit über Grund) ableiten. Da die Sonde und ihr Ballon, genau wie ein Heißluftballon auch, im Grunde manövrierunfähig sind, hängen ihre Flugrichtung und Geschwindigkeit einzig und allein vom vorherrschenden Wind ab. Winde können in unterschiedlichen Höhen unterschiedlich stark, aber auch in unterschiedliche Richtungen wehen. Im Fall der IGS Sonde sogar extrem unterschiedlich. Während der Wind zur Startzeit am Boden fast genau in Richtung Süden geweht hat, hat sich die Sonde in Richtung der Dörfer Odagsen und Edemissen auf den Weg gemacht und teilweise auch überflogen. Mit dem Aufstieg hat der Wind aber gedreht und die Sonde zuerst nordwestlich und später in östliche Richtung abgelenkt. Nach dem Platzen des Ballons haben sich die drei Flugrichtungen dann in umgekehrter Reihenfolge wiederholt. Die höchste (Wind-) Geschwindigkeit wurde dabei in etwas 10 Kilometern Höhe gemessen. Auf eindrucksvolle 150 kmh wurde die Sonde dabei beschleunigt.
Insgesamt hat die Stratosphärensonde eine Strecke von 194 Kilometern zurückgelegt, was einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von ca. 52 kmh entspricht (siehe Bild 6).
Die Flugroutenberechnung am Morgen des 13. Septembers (siehe Bild 7).
Oben: Die tatsächliche Flugroute in zweidimensionaler Darstellung über Grund (siehe Bild 8). Unten: Die tatsächliche Flugroute als dreidimensionale Darstellung; im Vordergrund ist der Harz zu sehen (siehe Bild 9).